--RENATE ANDERL
15.01.2025
Weniger ist mehr – das wäre in Österreich schon vor Jahren nötig gewesen, was die Arbeitszeiten betrifft. Vor 50 Jahren hatten wir kein Internet, wir hatten Vierteltelefone mit Wählscheiben, in Schulklassen hat man mit Kreide auf grünen Tafeln geschrieben,Weniger ist mehr – das wäre in Österreich schon vor Jahren nötig gewesen, was die Arbeitszeiten betrifft. Vor 50 Jahren hatten wir kein Internet, wir hatten Vierteltelefone mit Wählscheiben, in Schulklassen hat man mit Kreide auf grünen Tafeln geschrieben,
in Österreich hat es zwei Fernsehsender gegeben, in Wien eine U-Bahnlinie – und wir hatten die 40-Stunden-Woche als gesetzliche Normalarbeitszeit.
Heute können wir mit Smart-Uhren am Handgelenk telefonieren und mit dem Handy bezahlen, unsere Autos parken ohne unser Zutun ein, in Klassenzimmern hängen Whiteboards und die Schüler:innen arbeiten auf Tablets, Wien hat bald 6 U-Bahn-Linien – und wir haben die 40-Stunden-Woche als gesetzliche Normalarbeitszeit.
50 Jahre sind vergangen, die Produktivität ist gestiegen, der Arbeitsdruck ist gestiegen, die Wirtschaft ist global vernetzt, aber bei den Arbeitszeiten stehen die Uhren still. Bei manchen laufen sie sogar rückwärts, wenn sie fordern, dass wir 41 Stunden in der Woche arbeiten sollen. Das ist absurd, weil Österreich bei überlangen Arbeitszeiten in der EU ganz vorne dabei ist. Es ist absurd, weil die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Millionen an Überstunden leisten – allein über 180 Mio. im vergangenen Jahr. Und 47 Millionen davon haben die Betriebe nicht einmal bezahlt – weder in Zeit noch in Geld. Wir reden von 1,3 Milliarden Euro nur 2023! Die Beschäftigten werden ausgepresst wie die Zitronen, zum Schaden ihrer Gesundheit und ihrer Arbeitsfähigkeit – und für den Gewinn der Unternehmen.
Deshalb: Weniger ist mehr! Das ist möglich, es funktioniert für alle Seiten, und das ist vielfach bewiesen. In Betrieben und in Branchen gibt es unterschiedliche Modelle, wie man die Arbeitszeiten verkürzen kann. Uns ist aber wichtig, dass das breiter wird.
Wir wollen daher die gesetzliche Arbeitszeit von 40 auf 38,5 Stunden senken – nach 50 Jahren ist das ja nicht zu viel verlangt. Und wir wollen in Österreich ein Pilotprojekt zur 4-Tage-Woche, wie es das in anderen Ländern schon gibt. Ein wissenschaftlich begleitetes Projekt, mit dem wir Erfahrungen sammeln können, wie man Arbeitszeitverkürzung auf gesetzlichem Weg umsetzen kann.
Als Arbeiterkammer sehen wir es als eine der dringlichsten Aufgaben der neuen Bundesregierung, den Arbeitsmarkt, die Arbeitswelt in Ordnung zu bringen. Kürzere, gesündere Arbeitszeiten sind dafür ein ganz wesentlicher Hebel. Wir haben dafür schon längst alle Werkzeuge zur Verfügung: Wir haben Erfahrungen aus Betrieben, aus Branchen, wir haben wissenschaftliche Erkenntnisse dazu. Also: Gehen wir doch diesen Weg! Denn eines ist sicher: Man kann die Arbeitszeiten für die Menschen gesünder – also kürzer, gestalten, es ist nur – wie bei vielen anderen Themen – eine einzige Sache nötig: Der politische Wille!
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